„Parteipolitischer Grund für den Streit ist nicht beweisbar“

Braunschweiger Zeitung vom 23.1.2013

„Parteipolitischer Grund für den Streit ist nicht beweisbar“

Bodenstedt Steuergeldverschwendung“ oder ein „einzigartiger Leuchtturm“, der sein Geld wert sei: Die Meinungen zu den ZeitRäumen in Bodenstedt gehen auseinander.

 

Ist fasziniert von den ZeitRäumen: Nikolett Nemeth vor dem Wohngebäude (Hauptgebäude) dieser Ausstellungsstätte in Bodenstedt.

 

In ihrer Magisterarbeit im Fach Politikwissenschaften hat Nikolett Nemeth den heftigen Streit um die Ausstellungsstätte beschrieben und analysiert. Die Bürgerinitiativen Pro und Contra Hofstelle sowie Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung mit Bürgermeister Hartmut Marotz an der Spitze: Nikolett Nemeth hat sie alle befragt für ihr rund 100-seitiges Werk – sie stellt fest:

• „Die Contra-Bürgerinitiative wollte den Umbau der Hofstelle zu den ZeitRäumen stoppen; die Gemeinde sollte das Objekt verkaufen, weil das Projekt aus Sicht der Initiative zu viele Kosten nach sich ziehen würde. Die Initiative behauptete, das Museum sei ein Millionengrab.“

• „Die Pro-Bürgerinitiative wurde mit dem Ziel gegründet, ein Gegengewicht zur Contra-Initiative zu bilden und für den Erhalt der Hofstelle (ZeitRäume) einzutreten. Die Pro-Initiative hält es für wichtig, die Hofstelle für unsere Kinder und deren Nachwelt als Museum zu bewahren und erlebbar zu machen.“

• „Bürgermeister Hartmut Marotz hat den später zu den ZeitRäumen umgebauten Hof als etwas Herausragendes bezeichnet, das man unbedingt erhalten müsse.“ Und so hat die Gemeinde – führt Nikolett Nemeth weiter aus – den über 130 Jahre alten denkmalgeschützten Hof gekauft, um ihn vor dem Abriss durch seine Privateigentümer zu schützen.

Zwar sieht Nikolett Nemeth für den Konflikt um die ZeitRäume, der gar zum Bürgerentscheid geführt hat, auch „parteipolitische Gründe“: Die Braunschweigerin verweist darauf, dass „die drei Gründer der Contra-Initiative CDU-Mitglieder sind“. In ihrer Arbeit zitiert sie Quellen, wonach von einer „Fundamentalopposition eventuell in Verbindung mit einer zwischenmenschlichen Rivalität“ die Rede ist. In der Pro-Initiative befinden sich SPD-Mitglieder.

Allerdings stellt Nikolett Nemeth, die in ihrem Heimatland Ungarn bereits „Staatliche Verwaltung“ studiert hat, auch klar fest: Ob die Contra-Initiative wirklich außer aus finanzpolitischen auch aus parteipolitischen Gründen vorgegangen sei, „ist reine Spekulation: Das konnte ich nicht beweisen.“

Dann der 21. Februar 2010 – Tag der Bürgerentscheidung zu den ZeitRäumen: Weil sich zu wenige Wähler beteiligt haben, ist der Entscheid gescheitert, das Museum wird eingerichtet. Nikolett Nemeth: „Wer nicht abgestimmt hat, ist für die ZeitRäume. Ob daher so wenige teilgenommen haben, bleibt ein Rätsel.“

Auf das Thema Zeiträume ist die 32-Jährige durch Ulrich Menzel gekommen, der Politikprofessor an der TU Braunschweig ist und in Vechelde wohnt. „Alle Seiten waren immer wieder bereit, mit mir über die ZeitRäume zu sprechen“, freut sich Nikolett Nemeth. „Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht: Es war spannend zu erfahren, wie ein solcher Konflikt in einer Gemeinde abläuft.“

Vechelde 22.01.2013 23:55 Uhr in der PAZ

 

Magisterarbeit über "ZeitRäume"-Konflikt

 

Vechelde. Ihre Magisterarbeit hat Nikolett Nemeth über den Konflikt um das Museum „ZeitRäume“ Bodenstedt geschrieben. Darin geht die 32-jährige Braunschweigerin den Motiven der Beteiligten nach. Mit der PAZ sprach sie über ihre Arbeit.

 

Die Idee zum Thema stammt von ihrem Professor Ulrich Menzel, der in Vechelde wohnt. „Er hatte Themenvorschläge im Internet veröffentlicht, darunter auch die ZeitRäume“, erzählt die junge Frau, die an der Technischen Universität Braunschweig gerade ihre Magisterprüfung in Politikwissenschaften abgelegt hat.

Bei der Suche im Internet stieß Nikolett Nemeth auf den Werbeflyer der Gemeinde Vechelde mit der Beschreibung der alten Hofstelle aus dem Jahr 1878. „Für mich war das total spannend“, beschreibt die 32-Jährige, die in Ungarn geboren wurde. „Ich habe großes Interesse an Kommunalpolitik und habe mir sofort Gedanken gemacht, welche Informationen und Fragestellungen für die Arbeit infrage kämen.“

Sie nahm Kontakt zur Vechelder Verwaltung auf, sprach mit Mitarbeitern und sah sich die Hofstelle drei Monate vor der Eröffnung an: „Das Objekt hat mich sehr fasziniert.“

Anhand von Zeitungsartikeln, Sitzungsprotokollen, aber auch zahlreichen Interviews - mit dem Bürgermeister, Gründern der Bürgerinitiativen pro und contra Hofstelle, dem Bodenstedter Ortsheimatpfleger und der Denkmalschutzbehörde - hat Nemeth den Konflikt um das Museumsprojekt vom Kauf bis hin zum Bürgerentscheid nachgezeichnet. Dabei hat sie etwas besonders überrascht: „Alle, mit denen ich gesprochen habe, waren sehr interessiert an der Arbeit, sehr offen und haben gerne geholfen.“

Ein Jahr lang hat sie recherchiert, am Ende stand die Erkenntnis, dass es sich um „einen parteipolitischen Konflikt“ handele. „Auch wenn es von der Bürgerinitiative ‚Contra Hofstelle‘ geleugnet wird“, sagt die Braunschweigerin. Andere Motive, etwa persönlicher Natur oder aufgrund der Vergangenheitsbewältigung im Hinblick auf die NS-Zeit und die Unterbringung von Zwangsarbeitern in der Hofstelle Bodenstedt, will sie nicht ausschließen. „Aber ich habe es nicht nachweisen können“, sagt Nemeth.

web

•Eine Kopie der Magisterarbeit „ZeitRäume - Eine qualitative, soziologische Untersuchung eines kommunalpolitischen Konflikts unter Berücksichtigung der Motive der Beteiligten“ ist für eine Materialgebühr von zwei Euro bei der Gemeinde Vechelde erhältlich.

Oktober 2012

Bislang mehr als 2400 Besucher; Teure Gäste in der Hofstelle; Das Projekt ist ein Aushängeschild; Vechelder CDU-Fraktion bekennt sich zu "ZeitRäumen"

Kreisheimatbund Peine
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